ALKI… eine Begegnung zwischen zwei Männern und zwei Welten. Auszüge aus einem Gespräch zwischen Peio Uhalde, Geschäftsführer von ALKI, und Jean Louis Iratzoki, Künstlerischer Leiter.
Was bewog Sie zur Gründung der Genossenschaft ALKI?
Peio Uhalde:
ALKI ist 1981 aus unserer Entschlossenheit hervorgegangen, in unserer Heimat zu leben und zu arbeiten. Eine Möbelfabrik, genauer gesagt: eine Stuhlfabrik (alki bedeutet auf Baskisch nämlich Stuhl), für deren Rechts- und Organisationsform wir uns ganz bewusst für das genossenschaftliche Modell entschieden haben, denn es ermöglicht eine demokratische Entscheidungsfindung nach dem Grundsatz: eine Person = eine Stimme. Das genossenschaftliche Wirtschaftsmodell war und ist uns sehr wichtig, da hier der Mensch im Mittelpunkt steht, und nicht nur der Profit. Es gab bereits andere lokale Unternehmen nach diesem Muster, wie etwa COPELEC. Dieses für die damalige Zeit revolutionäre System hatte sich bei unseren Landsleuten im spanischen Baskenland bereits bewährt, wo ich drei Jahre lang, von 1978 bis 1981, in einem Unternehmen des Genossenschaftskonzerns Mondragón tätig war.
Im Jahr 2005 leitet das Unternehmen einen Kurswechsel ein… Warum? Wie?
Peio Uhalde:
Wir waren zunächst im traditionellen Möbelsektor aktiv. Mitte der 1990er-Jahre kam es zu einer erheblichen Abwertung der Währungen Spaniens, Portugals und Italiens. Die großen Vertriebsunternehmen für klassische Möbel in Frankreich verlagerten ihre Bezugsquellen daher in diese Länder. Wir konnten dem Druck noch ein Jahrzehnt lang standhalten, aber die Marktbedingungen verschärften sich weiter. Es war mir klar, dass wir handeln mussten. Und zwar schnell. Ich wollte alles versuchen, kämpfen bis zum Äußersten. Also setzte ich mich mit Jean Louis Iratzoki in Verbindung und bat ihn um eine Überarbeitung unseres Sortiments. Er gab mir jedoch zur Antwort: „Ein Facelift? Nein, so etwas liegt mir nicht. Was wir versuchen können, ist, eine neues Sortiment zu erarbeiten, einen neuen Geist.“
Jean Louis Iratzoki:
Bei meiner ersten Begegnung mit Peio in den Werkstätten in Itsasu fand ich eine fundierte Fachkompetenz in Sachen Holzverarbeitung, ein zusammengeschweißtes Team sowie einen mutigen und entschlussfreudigen Geschäftsführer vor. Gemeinsam gelangten wir zu der Einsicht, dass eine Neuausrichtung des Unternehmens auf einen Markt erforderlich war, der seine Fachkompetenz zu schätzen weiß. Eine Strukturkrise ist mit Schwierigkeiten und Verunsicherungen verbunden – birgt aber auch die Chance für einen Wandel.
Peio Uhalde:
… und so entstand die Kollektion Emea. Für uns begann ein neues Kapitel: eine echte Wiedergeburt!
Kann Design wirklich die Grundlage sein, auf der ein Unternehmen sich neu erfindet? Ist das nicht ein oberflächlicher Ansatz, der mit den Werten von ALKI unvereinbar ist?
Jean Louis Iratzoki:
Im Gegensatz zu den Gemeinplätzen, die teilweise in den Medien verbreitet werden, ist Design in keiner Weise oberflächlich. Es handelt sich um einen Ansatz, mit dem sich Ziele erreichen und Lösungen finden lassen. Design kann als Hebel für den Wandel von Unternehmen wirken, sofern es auf soliden Werten basiert und ganzheitlich betrieben wird. Es handelt sich um ein anspruchsvolles und komplexes Unterfangen, das weit über das bloße Zeichnen eines Stuhls oder eines Tisches hinausgeht. Wenn Design zum Kern der Strategie erhoben wird, muss das gesamte Unternehmen einbezogen werden. Bei ALKI wird diese Arbeit im engen Zusammenwirken mit einem multidisziplinären Kreativteam geleistet.
Wie entwirft man Produkte, die von Dauer sind?
Jean Louis Iratzoki:
Auf dem Markt der zeitgenössischen Möbel gibt es Unmengen von Produkten, von denen die Menschen sich bald wieder trennen, weil sie kaputtgehen oder weil man sich an ihrer Extravaganz sattgesehen hat. Die Designer und Möbelverleger haben eine Mitschuld an dieser Ex-und-hopp-Mentalität. Für mich ist es daher vorrangig, einen Gegenstand zu schaffen, mit dem man Tag für Tag zusammenleben kann, der eine gewisse Zurückhaltung und Normalität aufweist… … eine thematisierte Einfachheit. So kann eine Beziehung wachsen, eine Wertschätzung des Benutzers für den Gegenstand. Dazu muss der Gegenstand natürlich aus guten Werkstoffen und mit Sorgfalt im Detail hergestellt werden. Das ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung. Zudem muss der Gegenstand eine gewisse Persönlichkeit aufweisen, so etwas wie eine Seele, damit man Freude hat und den Gegenstand gern und oft benutzt.
Umwelt, nachhaltige Entwicklung… Was bedeuten diese Begriffe für ALKI? Wie werden Sie bei Ihnen umgesetzt?
Peio Uhalde:
Ich bin ein Bauernsohn. Umwelt und nachhaltige Entwicklung sind für mich daher keine abstrakten oder theoretischen Begriffe. Wir bei ALKI tun alles, was in unserer Macht steht, um sie in die Praxis umzusetzen. Daher setzen wir nach Möglichkeit auf natürliche und ökologische Werkstoffe: Eiche, Schurwolle und Naturfasern. Neben den Werkstoffen und der Lebensdauer unserer Produkte ist für uns auch der lokale Bezug von großer Bedeutung: Wir arbeiten innerhalb eines Umkreises von 100 km mit anderen Betrieben zusammen, deren Fachkompetenzen die unseren ergänzen.
Wie sollte man Ihrer Meinung nach der derzeitigen Krise begegnen?
Peio Uhalde:
Der Markt, auf dem wir uns bewegen, ist durch scharfen Konkurrenzdruck gekennzeichnet. ALKI musste alle zehn Jahre eine Krise durchmachen. Die letzte Krise begann deutlich vor 2008, mit dem Zusammenbruch des traditionellen Möbelmarkts und einer immer schärferen Konkurrenz seitens der Unternehmen in Ost- und Südeuropa. Diese Schwierigkeiten haben uns gelehrt, stets wachsam zu sein. Diese Wachsamkeit ist heute Teil unserer täglichen Arbeitsweise. Und wir vertrauen auf die Werte, auf denen die Stärke unseres genossenschaftlichen Unternehmens beruht: Die Wertschöpfung erfolgt bei uns in der Gemeinschaft. Man kann deutlich feststellen, dass angesichts der Krise des traditionellen kapitalistischen Wirtschaftsmodells wieder viele Menschen große Hoffnungen in das genossenschaftliche Wirtschaftsmodell setzen!
Wie stellen Sie sich die Zukunft von ALKI vor?
Peio Uhalde:
Wir streben nicht nach kurzfristigem Profit, sondern handeln im Bestreben, an die nachfolgenden Generationen ein gemeinsames Erbe und ein Zukunftsprojekt weiterzugeben. Wir haben 30 Jahre gebraucht, um unseren Weg zu finden und ein umfassendes und solides Unternehmensprojekt zu entwickeln. Unsere Genossenschaft wird weiterhin aktiv und dynamisch an der Entwicklung unserer Region mitwirken. Wir hoffen, dass wir die Begeisterung, mit der wir zusammenarbeiten, und unser Leitbild „Möbel nach menschlichem Maß, die das Zusammenleben angenehmer machen“ unseren Kunden in aller Welt vermitteln können.